Filmkritik Alien: Romulus

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Seien wir ehrlich, nur die wenigsten hatten nach den zwiespältigen, stark kritisierten Prequel-Teilen, zu denen auch der äußerst schwache Alien: Covenant gehört, noch richtig Lust auf einen neuen Teil. Die Unlust und Skepsis waren gerechtfertigt und verdient. Und dann das: Alien: Romulus ist ein echter Treffer geworden. 

Echtes Alien-Feeling mit überzeugenden Zutaten

Kein Meisterwerk, das das Zeug zum Klassiker hat, aber ein gelungener, knackiger Beitrag, der vor allem einiges ausgesprochen gut hinbekommt, an dem viele andere Filme der letzten Jahre scheitern. Alien: Romulus bringt nach Jahrzehnten wieder echtes Alien-Feeling auf die Leinwand und überzeugt mit Setting, Timing, zahlreichen interessanten Ideen und Wendungen sowie einer schlichtweg tollen Optik. 

Es war eine gute Idee, mit Fede Alvarez einen Regisseur einzusetzen, dessen filmische Vita qualitativ hochwertige Horrorbeiträge umfasst, deren Stil, Konzept und Thrill überzeugen. Mit ihm war kein wolkenhoch aufgetürmtes Pseudo-Philosophie-Geschwafel zu erwarten, mit dem Alien: Convenant ins Lächerliche abstürzte. Stattdessen sehen wir einen Film mit klarer Konzentration auf das Wesentliche.

Da stört es nicht, dass die Prämisse von Alien: Romulus gefährlich nach Wiederholung von Don’t Breathe klingt: Eine Gruppe junger Menschen bricht irgendwo ein, aber in der Dunkelheit lauert die tödliche Gefahr.

Stattdessen stattet das Drehbuch von Alien: Romulus die jungen Menschen innerhalb kurzer, äußerst präzise erzählter Zeit mit nachvollziehbaren Motivationen aus, die sich von Don’t Breathe erheblich unterscheiden. Überhaupt schafft Alien: Romulus auf engstem Raum ein in sich kohärentes, überzeugendes World Building – und das ist tatsächlich fast schon ein Kunststück in einer Zeit, in der derlei Hintergrundgeschichten zu einer zähen, breitgetretenen Nabelschau mutieren. Hier macht Alien: Romulus einen starken Auftakt, der uns auch viel Neues zeigt, nämlich Alltag in einer Welt, die sich mitten im Terraforming befindet, soziale und wirtschaftliche Hintergründe, das Schicksal von Generationen. 

Sieht großartig aus

Mit dieser straffen, gut ausgearbeiteten Einleitung geht es schnell ins All. Auch hier macht Alien: Romulus alles richtig, denn hier kommt endlich einmal wieder richtiges Science-Fiction-Feeling auf. Was wir im All und auf der Raumstation Romulus sehen, sieht großartig aus. Der Film macht aus seinem recht schmalen Budget von etwa 80 Millionen Dollar eine ganze Menge und füllt das IMAX-Großformat ganz wunderbar aus. Das Set-Design gibt sich keine Blöße. Überhaupt schafft es Alvarez, viel Atmosphäre zu schaffen. Da der Film zwischen Alien und Aliens: Die Rückkehr spielt, ist auch die technische Ausstattung sehr an Ridley Scotts Original von 1979 angelehnt. Das ist kein Selbstzweck, sondern narrativ logisch. 

Immer wieder tauchen Reminiszenzen an vorangegangene Teile auf, was natürlich in den erstaunlichen Auftritt des Roboters gipfelt, der wie Ash aussieht, den Androiden aus dem Original. Da Ash-Darsteller Ian Holm 2020 im Alter von 88 Jahren starb, musste man mit anderen Möglichkeiten seinen Androiden-Zwilling zum Leben zu erwecken. Alvarez vertraute in den meisten Fällen auf Animatronics, was zu geradezu gespenstisch authentischen Momenten führt. Alverez zeigt mit seinem Team, dass CGI eben nicht die bessere Wahl ist. Überhaupt sieht Alien: Romulus sehr wie ein Film aus der Zeit zwischen 1979 und 1986 aus, auch wenn natürlich die Spezialeffekte state of the art sind. 

Die Gruppe bleibt weiterhin glaubwürdig und hat eine stimmige Chemie. Natürlich sticht David Jonsson als Android Andy aus dem Ensemble meilenweit heraus. Den Androiden wegen einer Beschädigung wie einen Menschen mit Handicap darzustellen, ist ohne Zweifel ein Story-Coup, der sich über die ganze Laufzeit auszahlt. Obwohl auch Alien: Romulus eine weibliche Hauptfigur hat, bauen wir zu ihm die größte Nähe auf. Das hat man so noch nicht in Filmen gesehen und ist erfrischend neu.

Altes und Neues

Neu bleibt in Alien: Romulus bewusst wenig. Hier geht es vor allem darum, einen klassischeren Alien-Teil abzuliefern als alles, was nach Aliens: Die Rückkehr kam. Darin kann man es sich gemütlich machen.

Neben der Optik bleibt auch die Musik von Benjamin Wallfisch streckenweise nahe am Soundtrack des Originals. Auch bei der Story besinnt man sich auf die beiden großen Vorgänger von 1979 und 1986, die Filmgeschichte geschrieben haben. Das tut der Filmserie nach den Experimenten der letzten Jahrzehnte gut. Alvarez setzt dennoch Akzente, wenn er die Gruppe beispielsweise durch totale Stille schleichen lässt. Klar, hier erkennen vor allem Gamer das Spiel Alien Isolation wieder, was im Film tadellos funktioniert. 

Elegant ist die weitere Ausarbeitung der Frage, was „die Firma“ Weyland Corporation eigentlich an der bösen Alien-Brut so interessant findet. Ohne viel Tamtam klärt der Film diese Frage einfach auf nachvollziehbare und befriedigende Weise. Am Ende dann gibt es etwas zu sehen, das nicht allen gefallen dürfte, für sich genommen funktioniert es aber im Rahmen der Geschichte.

Ein wenig Schatten gibt es dennoch. Schon Alien und Aliens hatten mehr als ein Finale. Diese Tradition treibt Alien: Romulus allerdings zu sehr auf die Spitze. Hier sind es der Höhepunkte einfach zu viel, zumal gleichzeitig die Raumstation in Richtung Planetenringe abstürzt. Weniger wäre mehr gewesen, zumal sich die überschlagenden Ereignisse immer mehr von der realistischen Gangart des Film absetzt.

Alien, eine besondere Filmreihe

Die Alien-Reihe und Fortsetzungen sind eine spezielle Geschichte. Kaum eine andere Filmreihe bietet mit jedem Teil etwas ganz Eigenes, Spezifisches, und das ist ein großer Wert an sich. Auch und vor allem wegen des ambivalenten Alien 3 und dem eigenwilligen Alien 4, die zeigten, wie sehr man ein Thema variieren und unterschiedlich darstellen kann. Ob man den 3. und 4. Teil nun mag oder nicht: Originell waren sie – und das waren schon Teil 1 und 2, denn sie markierten beide den Anfang von Erzählungen, die es so zuvor noch nie auf der Leinwand zu sehen gab.

Dieser Mut war schon immer bemerkenswert, auch wenn die Produzenten gerade Neuling David Fincher die Arbeit an seinem Debüt Alien 3 zur Hölle machten (was er ihnen bis heute nicht verziehen hat). Und auch wenn der Franzose Jean-Philipp Jeunet nach Alien 4 aus Hollywood flüchtete und in Frankreich seinen Hit Die fabelhafte Welt der Amelie drehte: Sein meist ungeliebter Teil zeugt von Wagemut – so etwas sucht man heutzutage vergebens. 

Auch die Prequel-Teile, die teils auf großen Widerstand stießen, stehen in dieser Tradition, haben allerdings auch Schaden angerichtet, da sie den Fehler begingen, etwas erklären zu wollen, was niemals und unter keinen Umständen hätte erklärt werden dürfen. 

Umso erstaunlicher ist es, dass ausgerechnet Alien: Romulus, der wie ein Reset wirkt, sich auch der Erklärung widmet – allerdings mit einem interessanten Dreh. 

Dass der Film, der ursprünglich fürs Streaming gedacht war, letztlich doch fürs Kino produziert wurde, ist ein Segen. Zumal Alvarez es schafft, das riesige IMAX-Format gekonnt zu füllen. 

Ja, die Alien-Müdigkeit war berechtigt und verdient. Dass sie nun mit so einem gekonnten SF-Film wie verflogen scheint, ist fast schon ein kleines Wunder. 

Bitte mehr davon.

Alien: Romulus
USA 2024
Regie: Fede Alvarez
Mit: Cailee Speany, David Jonsson, Archie Renaux, Isabela Merced, Spike Fearn, Aileen Wu
Produktion: Fox
Länge: 118 Minuten
FSK: 16

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