Filmkritik Love, Simon

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Auf den ersten Blick ist an Love, Simon nichts ungewöhnlich, im Gegenteil: Die Story eines Teenagers auf der Highschool, der sich verliebt, ist seit Jahrzehnten immer wieder erzählt worden und bietet wenig Raum für Neues. Love, Simon erzählt sogar in voller Absicht diese Story genauso geradlinig, leicht verdaulich, mit dem üblichen Personal und den üblichen Verwicklungen. Genau das macht Love, Simon aber so besonders: Denn Simon ist schwul und verliebt sich eben nicht in ein Mädchen aus der gleichen Klasse, sondern in einen ihm unbekannten, ebenfalls schwulen Mitschüler. 

Was Love, Simon so besonders und wichtig macht: Erst 2016 traute sich ein großes Hollywood-Studio mit Love, Simon, einen Film wie diesen für den großen Markt zu produzieren, und das macht den Film zu einem Pionier. Das sagt verblüffend viel aus. Über Hollywood, über Zuschauer, über Erwartungen und Ansprüche. Love, Simon deckt sie alle auf, mit einem Lächeln im Gesicht.

Regisseur Greg Berlanti sowie Drehbuchautorin und -autor  Elisabeth Berger und Isaac Apktaker legen in ihrer Adaption des mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2017 ausgezeichneten Romans Nur drei Wortevon Becky Albertalli wert darauf, die Story so normal und unaufgeregt zu erzählen, wie sie im Grunde auch ist. Kein Drama ums Schwulsein und Schwulwerden, keine Komödie mit peinlichen Klischees, in denen Schwule Karikaturen sind. Stattdessen zeigt der Film völlig unangestrengt, was eine klassische Highschool-Rom-Com ausmacht: Wie die beste Freundin, die in Simon verliebt ist und deren Liebe er nicht erwidern kann, inklusive Problemen und Versöhnung: Das mag nicht für alle Homosexuellen Standard sein, ist aber ein verbreitetes Thema. Das Gespräch mit den Eltern? Ein Alptraum für Generationen von Homosexuellen, das in seiner emotionalen Tragweite nur von jenen verstanden werden kann, die es führen mussten – auch wenn alle Beteiligten noch so bekunden mögen, dass es schon in Ordnung ist, ein schwules Kind zu haben, warum weinen dann trotzdem alle?

Unzählige Filme ersticken fast im Wust an Problematisierung, gerade die »gut gemeinten«, und machen damit vieles nur noch schlimmer, da sie die Thematik vor allem von der problematischen Seite angehen. In Love, Simon indes ist Schwulsein nicht das Problem, sondern eine Herausforderung wie viele andere für Jugendliche rund um die Welt, eingebettet in das übliche Setting einer Highschool-Rom-Com – dem Himmel sei Dank dafür. 

Klar: Love, Simon erzählt auch die Geschichte eines Teenagers, der sein Schwulsein erst verheimlicht und schrittweise sein Coming-Out erfährt. Doch geschieht das mit einer Selbstverständlichkeit und Leichtfüßigkeit, die man sich schon lange gewünscht hat. Frei von dem Ballast der Tragik, fern von Gesellschaftskritik , erzählt Love, Simon einfach vom Leben und Lieben, und das ist ungemein befreiend. Das Motiv der heimlichen Liebe eines Charakters ist so alt wie die Filmgeschichte – nur war es bislang rein heterosexuell, bis Love, Simon kam.

Natürlich wird der Film getragen von dem ungemein sympathischen Nick Robinson, der den verliebten Simon locker, selbstverständlich und ohne Allüren spielt. Der heterosexuelle Jungdarsteller, der vielen aus dem Kinohit Jurassic World bekannt sein dürfte, bereicherte seine Karriere damit gleich zu Beginn mit einer Facette, die seine Vielseitigkeit und Offenheit bezeugt. Er spielte seine Rolle des Simon außerdem in einigen Folgen der auf Love, Simon basierenden TV-Serie Love, Victor auf Disney+.

Nicht zum ersten Mal widmete sich Regisseur Greg Berlanti dem Thema: Bereits in seinem Debüt Der Club der gebrochenen Herzen aus dem Jahr 2000 schaute er in das Leben eines homosexuellen Freundeskreises – doch im Kino ist er als Regisseur weniger bekannt als im Fernsehen: Hier gewann er mit seiner Serie Political Animals Preise und Erfolge, für die er auch selbst die Drehbücher schrieb. Bertlani tritt vor allem als Drehbuchautor und Produzent in Erscheinung, so für die Serien Arrow, Titans, The Flash, Legends of Tomorrow, Batgirl als auch für den Kinofilm Green Lantern – allesamt Superheldenstoff. Auf den ersten Blick scheint dieses Werk nicht viel mit Love, Simon zu tun zu haben: Doch wer Ausflüge ins Superheldengenre gemacht hat, erkennt die Parallelen leicht: Ein Mensch muss sich mit bestimmten Kräften oder Makeln abfinden und lernen, mit ihnen umzugehen. Womit wir wieder bei Love, Simon wären. Simon wie Helden entwickeln sich ihren Anlagen gemäß weiter und stehen letztlich zu dem, was sie sind.

Wie der ehemalige Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit in seiner berühmten Outing-Rede sagte: Ich bi schwul, und das ist auch gut so.

Eben. 

Love, Simon – USA 2018 – 110 Min. – Regie: Greg Berlanti – Mit: Nick Robinson, Jennifer Garner, Josh Duhamel, Katherine Langford, Alexandra Shipp, Logan Miller

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