Filmkritik James Bond 007: Keine Zeit zu sterben

Keine Zeit zu sterben Filmplakat - der-filmgourmet.de

Episch wie nie zuvor geht mit Keine Zeit zu sterben eine James-Bond-Ära zu Ende: Mit einem reifen, erwachsenen Film, der in 165 Minuten die Craig-Jahre würdevoll abschließt und die 2006 begonnene, zusammenhängende Erzählung stilsicher und konsequent zu Ende bringt. Die fast drei Stunden sind keine Minute zu lang.
Regisseur Cary Joji Fukunaga nimmt sich Zeit, die es braucht, um aus diesem 25. Bond-Film eine emotionale, dramatische Tragödie zu machen. Schon Sam Mendes hatte in den direkten Vorgängern Skyfall und Spectre zugunsten charakterlicher Differenzierung sowie düsterer Atmosphäre das Erzähltempo gedrosselt und der Filmreihe zu cineastischer Größe verholfen. Fukunaga geht einen Schritt weiter und richtet Kamera und Aufmerksamkeit auf menschliche Regungen, Konsequenzen und Hinter- und Abgründe. Was wir in Keine Zeit zu sterben sehen, ist meisterhaft inszeniert von einem, der mit der ersten Staffel der HBO-SerieTrue Detective Fernsehgeschichte schrieb. So reiht sich in Keine Zeit zu sterben eine beeindruckende Szene an die nächste wie die enorm dichte Sequenz, in der Bond auf den diabolischen Blofeld trifft. 

Den Film durchziehen dunkle Geheimnisse und persönliche Abhängigkeiten, die ganze Welt scheint scheint fragil und unsicher. Keine Zeit zu sterben ist geprägt von großen Konfrontationen: nicht nur mit den üblichen gesichtslosen Killer, die es immer mal wieder auf Bonds Leben abgesehen haben, nicht nur mit dem einen herausstehenden Gegner, der in diesem Fall durchaus humoristisch ein Auge auf Bond wirft – Bond duelliert sich mit seiner Liebe, mit M, mit sich selbst und seinen Gefühlen. Das ist in diesem Ausmaß neu. So finster war noch kein Bond-Film.

Fukunaga zieht seinen intellektuellen Ansatz in die Bond-Welt hinein, ohne dabei zu vergessen, dass er auch Schauwerte liefern muss. Tatsächlich sind die Action-Sequenzen erstaunlich spärlich gesät, die dafür aber sitzen.

Auch der Humor trifft ins Schwarze. Trotz aller Düsternis ist Keine Zeit zu sterben auch der witzigste Craig-Bond. Dieses Kunststück gelingt mit wohl platzierten Gags. Fukunaga findet konsequent eigenen Ton und eigenes Timing. Viele Einstellungen sind bemerkenswert, manche gar spektakulär.

Beim Zusammenführen von Bekanntem und Erwartbarem mit Neuem ist Keine Zeit zu sterben höchst elegant. Die Bond-Reihe ist seit jeher geprägt von gesellschaftlichen Wandel, dem sich die Serie über die Jahrzehnte anpasste. Keine Zeit zu sterben zeigt uns ohne großes Tamtam einen Q, der vor einem Date mit einem anderen Mann steht, sowie eine weibliche 007, die völlig selbstverständlich zudem schwarz ist und schließlich freiwillig ihr 007 wieder an Bond abtritt. Damit macht der Film nebenbei vieles gleichzeitig deutlich: Vor allem, dass alles in der Gesellschaft möglich ist und das so selbstverständlich, dass man gar keine großen Worte darüber verlieren muss.

Und jetzt?

Das Rennen um den nächsten Bond ist in vollem Gange. Den Weg zurück in die Connery-Jahre kann es gottlob nicht mehr geben. Die Zeiten des sexistischen Übermenschen, dessen Handlungen heutzutage locker und völlig zu Recht als sexuelle Nötigung, in mindestens einem Fall sogar als Vergewaltigung durchgingen, sind gottlob vorbei.

Vielleicht bekommen wir es künftig mit einem Bond zu tun, der gegen Klimasünder kämpft oder gegen Fake News.

So oder so: Bond wird sich weiter an die Zeiten anpassen – und aktuell bleiben.

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